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AutorenbildIlka Sventja Küster

Ahnenbotschaft: Veränderungen gehören zum Leben



Ich sehe einen dicken Stein am Wegesrand. Der Weg führt mich zu einer Wegkreuzung und genau an dieser befindet sich ein Hof. Das Haupthaus bildet mit einem Stall und einer Scheune aus Holz einen Dreiseithof. Es ist ein durchschnittlicher Hof. Weder ist er besonders reich verziert noch ist er besonders heruntergekommen. Er scheint praktisch und gut gepflegt.


Ich sehe weder Traktoren oder Maschinen auf dem Hof, noch sehe ich Menschen. Ich wandere über den Hof und werfe einen Blick in die offenstehende Scheune und entdecke nichts als Stroh und ich spaziere am Stall vorbei, wo ein paar Kühe stehen und ein Pferd.

Von hinten ist der Blick auf das Wohnhaus sehr gemütlich. Eine Bank und ein Tisch stehen in der Sonne unter einem alten knorrigen Baum und laden sowohl zum Ausruhen als auch zum draußen Arbeiten ein. Aber hier scheint niemand zuhause zu sein.


Ich gehe weiter und komme zum Garten. Hier treffe ich auf eine junge Frau, die mit einem Tuch ein Baby auf den Rücken gebunden hat und arbeitet. Ich grüße sie und sie winkt mir fröhlich zu.


„Du hast mich gefunden. Herzlich Willkommen. Ich habe deine Frage gehört, ob jemand eine Botschaft hat und wollte dich sofort zu uns hier her einladen. Der Gedanke hat scheinbar genügt.“


Sie kommt zu mir und drückt mich herzlich. Sie dreht sich ein wenig zu Seite, so dass ich ihr Baby sehen kann und stellt es mir vor „Das ist Eloise“ sagt sie und ich lächle dem Baby zu und dann dreht sie sich wieder zu mir „und ich bin Sara“. Sara trägt außer dem Baby auf dem Rücken eine helle Leinenbluse mit hochgekrempelten Ärmeln und eine weite Leinenhose. Beides ist staubig von der Gartenarbeit. Der Boden ist trocken. Auf dem Kopf trägt sie ein helles Tuch, das mit der Wickeltechnik, die sie angewendet hat, irgendwie arabisch wirkt.


„Wann und wo sind wir hier?“ „Südspanien, 1874“ Das ist überraschend präzise und sofort stutze ich über ihr Outfit. „Welche Botschaft hast du denn für uns im Jahre 2022?“


„Oh ja, die Botschaft. Ich fühle, wie schnell sich eure Welt verändert. Ich dachte meine Welt wäre schon schnell gewesen. Aber die Veränderungen scheinen wie eine Gerölllawine zu sein. Einmal angestoßen, nimmt sie bergab nur noch mehr Fahrt auf und beruhigt sich erst, wenn sie das Tal erreicht hat. Und dann ist eben nichts mehr, wie es war. Weder am Berg noch im Tal.


Dabei sind Veränderungen nicht Schlechtes. Auch per se nichts Gutes. Sie sind einfach. Sie gehören zum Leben. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich nur betonen, wie wichtig es ist flexibel zu sein und auf sich selbst zu vertrauen. Egal was andere tun oder sagen. Wichtig ist, das Alte loszulassen, wenn die Lawine kommt. Wer an seinem Hab und Gut festhält, wird von ihr überrollt.


Ich lebe in einer Zeit des Aufbruchs und der Instabilität. Genauso wie ihr. Niemand weiß, was als nächstes kommt. Und eigentlich wissen wir das nie. Es ist nur bequemer zu denken, wir wüssten was kommt und dass Morgen so sein wird wie heute. Doch das wird es nicht sein.

Ich habe mich mit meiner Familie mehr oder weniger gelöst von dem was die anderen machen. Wir haben unseren Hof und sorgen für uns selbst. Soll die Politik doch Kapriolen schlagen. Unser Hof ist das, wo wir das Sagen haben. Wenn es praktisch ist, trage ich hier Hosen und niemand stört sich daran. Wenn die Feldarbeit getan ist, kann ich Lesen und Studieren und niemand stört sich daran. Ich will, dass Eloise frei aufwächst. Ohne die Regeln, die ohnehin jederzeit irgendwer wieder verändert. Ich will, dass sie lernt, wer sie selbst ist, bevor sie auf Menschen trifft, die ihr sagen, wer sie zu sein hat.


Das ist so wichtig in Zeiten der Unsicherheit und der Veränderung. Wir selbst müssen unser eigener Maßstab sein. Unser Herz und unsere Werte sind der Kompass. Damit können wir uns orientieren, egal was um uns herum passiert.“


Sie spricht voller Überzeugung und Begeisterung und ihre Augen funkeln.

Eloise beginnt unruhig zu werden und Sara nimmt sie aus ihrem Tuch und legt sie zum Stillen an. Einen Moment ist es ganz still, während sie trinkt. Wir schauen beide auf das kleine Wesen, das so wenig braucht, um glücklich und zufrieden zu sein.


Dann schaut Sara mich eindringlich an „Wie sonst können wir die Zukunft verbessern, wenn nicht auf dem Weg, dass wir unsere Kinder anders aufwachsen lassen? Wir müssen die Kette des alten Denkens durchbrechen, indem wir aufhören es weiterzugeben. Lassen wir unsere Kinder ihre eigenen Gedanken entwickeln und sich ein eigenes Bild davon machen, wie sie leben wollen und was ihnen wichtig ist.“


Da bin ich ganz bei ihr. Eine beeindruckende und starke Frau steht hier vor mir mit Ansichten, die viele Generationen nach ihr noch nicht umsetzen konnten. Können wir es heute?

Ich bedanke mich bei ihr und wir drücken und nochmals herzlich zum Abschied.


(empfangen zum Ostermond 2022)


Einladung zur Kontemplation


Kannst du Veränderungen neutral beobachten? Bist du bereit loszulassen, wenn es soweit ist? Wie gehst du mit Unsicherheit um? Welche Werte liegen dir am Herzen weiterzugeben an die kommenden Generationen?

Was können wir jetzt und hier verändern, damit unsere Kinder und Kindeskinder freier aufwachsen?



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