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Wenn ein Schamane eine Doktorarbeit schreibt

  • Autorenbild: Ilka Sventja Küster
    Ilka Sventja Küster
  • 25. Juni
  • 5 Min. Lesezeit

Es ist einer dieser kleinen Momente gewesen, die eine große Wirkung entfalten!


Im letzten Jahr hatte ich ein Seminar an der LMU über Lebenswelten in Amazonien.

Jede Woche haben wir über Zoom Kontakt mit Studenten der UFAM in Manaus gehabt, die nicht nur „Antropologia Cultural“ studierten, sondern selbst auch indigene Wurzeln haben. Viele der Studenten erzählten uns über ihre aktuellen Forschungen zu ihrer eigenen Ethnie und auch über ihre politischen Aktivitäten, ihre Kultur und die Lebensweisen ihrer Gemeinschaften zu schützen. Ich hatte so ein lebendiges Lernen gar nicht erwartet und ich war sehr begeistert davon.


An einem Abend hat eins dieser Interviews mein Weltbild ein stückweit über den Haufen geworfen. Wir sprachen mit Jaime Diakara, einem Doktoranden an der UFAM und ausgebildeten und aktiven Schamanen der Ethnie der Desana. Jaime ist Lehrer und Künstler und Aktivist und vermutlich noch Einiges mehr.


"Parallele Leben" war mein erster Gedanke. Ein hin und her springen zwischen den Welten.

Doch was er dann erzählte, machte mich echt sprachlos. Er forschte in seiner eigenen Ethnie zu den schamanischen Tätigkeiten der Frauen. Auf dem Gebiet der Frauen ist weltweit bisher wenig geforscht worden, da wird gerade deutlich aufgeholt. Jaime erzählte, dass viel indigenes Wissen verlorenen gegangen sei und dass er versucht mit seinen wissenschaftlichen Arbeiten das noch vorhandene Wissen zu sichern.


In der Ethnologie ist es ja durchaus üblich, die schamanischen Methoden, die Rituale, ihre Bedeutungen und Intentionen sowie die Wahrnehmungen der Beteiligten zu dokumentieren. Jaime ging einen Schritt weiter!


In seiner Position als Schamane unternahm er Trancereisen, um das verlorene Wissen seiner Vorfahren zurückzuholen. Er führte dazu Ayahuasca Zeremonien durch und erfragte die schamanischen Methoden der Frauen direkt bei den Besitzerwesen der Pflanzen, von denen sie es einst gelernt hatten. Und dann dokumentierte er seine Trancewahrnehmungen in seiner Rolle als Ethnologe.


Wenn ich es hier so schreibe, klingt es beinahe banal! Indigene Studierende sind nicht selten ihre eigenen Quellen, aber hier sprengte es wirklich mein Weltbild. Eigentlich sogar doppelt. Erstens, weil er mit einer völligen Selbstverständlichkeit mit den Werkzeugen, die er als Schamane hatte, die verlorenen Elemente seiner Kultur zurückholte! Und zweitens, weil er das in seiner Doktorarbeit wissenschaftlich dokumentierte!


Aus meinem Gesprächsprotokoll zu der Sitzung mit Jaime


Jaime Diákara ist ein Mann mit vielen Begabungen. Er gehört der Ethnie der Desana an, ist auf indigenem Territorium aufgewachsen und wurde, wie seine Vorväter, zum kumu ausgebildet. kumu sind die Schamanen der Desana. Neben seinen schamanischen Tätigkeiten ist er Lehrer, Anthropologe und Künstler, wobei sich sein Wirken auf allen Gebieten um die Erhaltung und Weitergabe der Kultur der Desana dreht.


Jaime beherrscht als kumu unteranderem die Heilmethode und schamanische Intervention bahsese, den fast unhörbar geflüsterten Besprechungsformeln und Anrufungen der wai-mahsa, was man als Fischmenschen übersetzen kann.


Für einen intensiveren Austausch mit den wai-mahsa oder anderen Wesen im schamanischen Kosmos wird traditionell kahpi, bei uns als Ayahuasca bekannt, in entsprechenden Zeremonien eingesetzt, um den Bewusstseinszustand des kumu zu erweitern. Auf diese Art kann sich ein kumu mit der Urzeit verbinden. Jaime nutzt diese Zeremonien, um teilweise vergessenes Wissen seiner Kultur quasi an der Quelle wiederzuerlangen.


Viele Informationen die Jaime in diesen schamanischen kahpi-Reisen in die Urzeit erhält, dokumentiert er in Bildern. Diese Bilder, die die Essenz seiner Visionen während der Zeremonie enthalten, sprechen die Symbolsprache der Desana und erzählen ganze Geschichten. Auf diese Weise ist es Jaime möglich die komplexen Zusammenhänge und vielschichtigen Bedeutungen zwischen dem kosmologischen Weltbild der Desana und den damit verbundenen schlicht erscheinenden Verrichtungen des Alltags darzustellen. Alle Tätigkeiten der Desana haben in ihrem Weltbild immer einen kosmologischen Hintergrund und eine tiefere Bedeutung, die es zu kennen und zu achten gilt.


Die Besonderheiten von Jaimes Doktorarbeit


In seiner Arbeit geht es um caxiri, einem alkoholischen Maniok-Bier, das durch Fermentierung hergestellt wird. Fermentieren, erklärt uns Jaime, ist eine schamanische Tätigkeit der Frauen, nicht einfach nur eine Zubereitungsart von Lebensmitteln.


Er sagt zu dem Phänomen der caxiri-Herstellung oder der fermentierten Getränke allgemein, wurde in der Anthropologie bisher wenig mehr gemacht als ethnografische Beschreibungen des Vorgangs. Was bisher nicht betrachtet worden ist, dass es sich dabei um einen schamanischen Wandlungsprozess handelt, der sich auf die Urzeit bezieht und dem kihti-ukũse, dem Korpus an mythischen Erzählungen, in denen es um den Ursprung und die Gestaltung der Welt geht, angehört. Er möchte mit seiner Forschung die einzelnen Verarbeitungsschritte der caxiri-Produktion wieder in den Kontext seines kosmologischen Weltbildes setzen. Er bezieht sich dabei auf audiovisuelle Quellen, Gesänge, Klänge von Instrumenten, Erzählungen und seine eigenen Visionen in seinen schamanischen Reisen.


Als kumu der Desana ist er seine eigene Quelle für die anthropologische Untersuchung. Das Vereinen von Forscher und Quelle in einer Person ist bei den indigenen Studierenden in Manaus durchaus häufiger der Fall. Schließlich forschen viele über ihre eigene Ethnie. Der Antrieb dazu ist in der Regel der Wunsch nach Erhaltung und Dokumentation der eigenen Kultur, teilweise auch ihre Rekonstruktion.


Jaime sieht seine Bilder oder Zeichnungen als zentrales Element seiner Arbeit. Sie sind philosophische Ansichten über das Konzept fermentierter Getränke in der Kultur des oberen Rio Negro und eine neue Ethnografie über das bahsese der Frauen. Er sagt, wo Männer die Dinge und Menschen besprechen, um schamanisch zu intervenieren und zu transformieren, fermentieren die Frauen mit Hilfe ihres Speichels und erschaffen so Getränke, in denen die Transformationskraft enthalten ist. Bei diesem Prozess stehen sie in enger Verbindung zu den Besitzerwesen der Pflanzen – hier besonders zu dem des Manioks.


Jaime mit zweien seiner Kunstwerke, die aus seinen Ayahuasca Zeremonien entstehen (Quelle Instagram diakara_desano)
Jaime mit zweien seiner Kunstwerke, die aus seinen Ayahuasca Zeremonien entstehen (Quelle Instagram diakara_desano)

Zum Schluss erzählt uns Jaime noch, dass er seine Doktorarbeit komplett in der Sprache der Desana schreibt. Die Erlaubnis, dass er in seiner Muttersprache schreiben darf, hatte er auch schon in der Masterarbeit erhalten und entsprechend genutzt. Damit bleibt die Herausforderung der Übersetzung bei seinen Lesern.


Ein Schlüsselmoment für mich


Dieses Gespräch mit Jaime ist für mich einer dieser Schlüsselmomente, in denen sich das eigene Weltbild ändert und plötzlich Türen und Tore aufgehen. Trancereisen sind mir vertraut, die Sehnsucht unsere alte mitteleuropäische Kultur zu erinnern, ist mir schon immer ein tiefes Bedürfnis. Und hier saß mir jemand gegenüber, der das einfach macht, was für mich nur eine Eventualität war, nahe an Fantasy und Science-Fiction.


Es war für mich nicht das Gleiche, wie in Trancereisen Ahnenheilungen durchzuführen. Verrückterweise war es das wirklich nicht. Es ist so einer dieser Momente, wo ich dachte „Warum habe ich das nicht vorher schon gedacht und in Erwägung gezogen?“

Ich brauchte Jaime, der mir diese Tür zeigte. Und es brauchte noch eine ganze Weile, bis ich sie öffnete und langsam bin ich bereit da wirklich durchzugehen.


Vielleicht denkst du jetzt, dass ich das doch längst tue. Was sonst erzählen uns die Ahnenbotschaften? Jein… es ist anders. Es war nie so zielgerichtet, es war nie als Forschung gedacht und es war nie mit dieser kollektiven Bedeutung gedacht. Es hat sie nie so groß angefühlt.


Aber jetzt gehe ich diesen Weg und wenn du magst, kannst du mitkommen. „Wurzelwege“ ist ein ganz spontanes Projekt, wahrscheinlich eines von Vielen, in dem wir beginnen gemeinsam unsere verlorene Kultur zu erinnern und was uns davon gefällt auch wieder zum Leben zu erwecken.


Wer hätte gedacht, dass ich an der Uni auf solche Ideen gebracht werde?


Es gibt verschiedenste Wege altes Wissen aus dem kollektiven Unbewussten zurückzuholen. Jaime befragt direkt die Besitzerwesen der Pflanzen in seinen Ayahuasca Zeremonien. Den Weg Kontakt zu unseren Ahnen aufzunehmen und von ihnen zu lernen ist der, den ich gehe. Auch Rückführungen in vergangene Leben können uns altes Wissen zurückbringen.

Und alle Möglichkeiten haben eines gemeinsam: es ist egal, wie viel Zeit vergangen ist, seit etwas nicht mehr bewusst weiter gegeben wurde! Wir können den Faden jederzeit wieder aufnehmen. Und es ist Zeit, dass wir diese liegen gelassenen Fäden wieder aufnehmen. Es ist Zeit, dass wir uns erinnern, wer wir sind und was unsere Rolle als Mensch im Gesamtsystem ist.


In "Wurzelwege - Cultural Soul Recovery" gehen wir den Weg über die Ahnen mit Trancen, Träumen und Körperwissen, unsere alte Kultur zu erforschen. Wenn du dabei sein magst, melde dich gleich noch an, es geht schon am 02.07.2025 los.

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